Der Kirchenmalerberuf

Kirchenmaler sind qualifizierte Handwerker mit einem hohen Maß an Können, Geschick und Erfahrung im Umgang mit historischen Techniken und Materialien. Diese handwerklichen Voraussetzungen sind für alle qualifizierte Tätigkeiten in der Restaurierung und Sanierung historischer und denkmalgeschützter Gebäude und Ausstattungen unabdingbar.

Die Fachgruppe Kirchenmaler, Restauratoren und Vergolder in Bayern ist eine Interessenvertretung von selbständigen Kirchenmalern, Vergoldern und Restauratoren im Handwerk sowie breit aufgestellten, fachübergreifenden Restaurierungsbetrieben, die vorwiegend in der Denkmalpflege tätig sind.
Denkmalpflege ist nicht nur die Auseinandersetzung mit Informationen der Denkmale. Denkmalpflege hat auch die Aufgabe, Objekte materiell zu erhalten. Anderenfalls wäre es keine Denkmalpflege sondern Kunst- und Geschichtswissenschaft. Die Instandsetzung erfordert zum Erhalt der Authentizität der Objekte deshalb ein hohes Maß an Fachkunde.
Es ist also entscheidend, wer mit welcher Qualifikation „Hand anlegt“. So stehen den breit angelegten Studiengängen zum akademischen Restaurator hervorragende, praxisorientierte Ausbildungen des Handwerks, wie der Kirchenmaler oder der Restaurator, ergänzend gegenüber.

Die traditionellen Mal-, Fass- und Vergoldertechniken des Kirchenmalers bestehen nachweislich seit über 600 Jahren und sind in ihrer Reichhaltigkeit an dekorativen, ornamentalen Oberflächengestaltungen mit Farbe und Blattmetallen von der Entstehung und Ausgestaltung all der Kirchen, Schlösser, Palais, Rathäuser, Zunftstuben, Bürgerhäuser, Wirtshäuser und Bauernstuben insbesondere in Bayern und in Deutschland nicht wegzudenken und tragen dazu bei, ein unverkennbares Erscheinungsbild für Städte und Regionen darzustellen. Die Techniken des Kirchenmalerhandwerks reichen von der täuschenden gemalten Illusion einer Räumlichkeit auf glatter Wand über die Imitation einer kostbaren Stofflichkeit bis zur Darstellung von ornamentierten Gold- und Silberflächen auf Holz oder Stuckuntergründen. In enger Zusammenarbeit mit Baumeistern, Schreinern oder Bildhauern stellen die handwerklichen Techniken der Kirchenmalerinnen und Kirchenmaler immer den prachtvollen Abschluss einer gestalterischen Arbeit dar. Kirchenmalerinnen und Kirchenmaler verarbeiten dabei Materialien, die seit Jahrhunderten tradiert sind.

Die Techniken des Kirchenmalers lassen sich in drei große Bereiche untergliedern:

  1. die Gestaltung von Wandflächen,
  2. die Imitation von edlen und kostbaren Materialien und 
  3. die Verarbeitung von Blattmetallen und Metallpulvern.

Bei der Gestaltung von Wandoberflächen reichen die handwerklichen Techniken von der „einfachen“ mehrlagigen Kalklasur auf Kalkputz bis zur freskalen Illusionsmalerei auf frischem Putz. Kenntnisse über die Eigenschaften und Herstellung der Putzuntergründe sind dabei ebenso notwendig, wie die Fertigkeiten bei der Verarbeitung von Kalk.

Die Herstellung und Verarbeitung von Leim- oder Ölfarben gehören selbstverständlich auch zum Aufgabenfeld des Kirchenmalers. Sondertechniken wie z.B. Stucco Lustro, Sgraffitto oder Hornstuck ergänzen die Palette der Wandtechniken.

Die Imitationstechniken richten sich in der technischen Ausführung stets nach dem zu imitierenden Material. Kostbare und edle Hölzer wie Eiche, Nußbaum, Wurzelholz, Teak oder Palisander waren immer begehrte aber teure Hölzer. Ebenso gelten Marmor in seiner mannigfaltigen Farbigkeit und Struktur und seltene Gesteine wie z.B. Drusen und Edelsteine zu den unerreichbaren und unbezahlbaren Kostbarkeiten. Handgewebte Brokat- und Seidenstoffe, Schildpatt, Stickereien, Porzellan u.v.m. werden daher von KirchenmalerInnen auf Wand, Holz und Stuckoberflächen täuschend echt imitiert und darüber hinaus, den zu gestaltenden Objekten entsprechend, phantasievoll modifiziert.

Ein Spezialgebiet der Imitationsmalerei ist die Inkarnatfassung. Auf holzgeschnitzten oder aus Gips gegossenen Figuren werden Fassungen aufgebracht, die Haut, Haar, Kleidung und Attribute wie lebendig erscheinen lassen. Meist reicht die Fassung dabei sogar über den Anschein der Natürlichkeit weit hinaus und zeigt die Figuren in einem übernatürlichen Glanz und Schein.

Neben den Wand- und Imitationstechniken nimmt die Verarbeitung von Blattmetallen und Metallpulvern bei Kirchenmalern einen wichtigen Platz ein. Die Polimentvergoldung wird seit seiner ersten Anwendung in den ägyptischen Palästen vor ca. 4000 Jahren noch immer in der gleichen Technik ausgeführt. Die Basis der Polimentvergoldung bilden Materialien wie Kreide, Tierischer Leim und Tonerde. Diese schlichten Ausgangsstoffe ermöglichen die Verarbeitung von Blattmetallen, die gerade einmal 1/10 000 mm dick sind. Der entstehende Goldglanz kommt der Wirkung von massivem Gold überraschend nahe. In Verbindung mit ornamentaler Gestaltung entstanden und entstehen dabei Kunstwerke, die in allen Teilen der Welt Bewunderung hervorrufen und Besucher aus aller Welt anziehen. Als herausragende Beispiele können u.a. die Schlösser und Residenzen in München, Würzburg, Herrenchiemsee und Linderhof genannt werden.

Die Reichhaltigkeit an Verziertechniken, die in Verbindung mit der Verarbeitung von Blattmetallen und Metallpulvern stehen, ist unglaublich groß und variationsreich. Beispielhaft sei die Herstellung von Pressbrokat genannt. Eine Technik, die vornehmlich in der Gotik gewebten Goldbrokat auf Figuren und Tafelhintergründen imitierte. In Modeln geprägte Zinnfolie wird schneidertechnisch auf Figuren im Rapport aufgebracht, mit Blattgold vergoldet und mit prachtvollen Pigmenten wie Azurit, Zinnober oder Smalte gefasst. Kirchenmalertechniken stehen für herausragende und faszinierende Oberflächengestaltungen und werden von Generation zu Generation durch KirchenmalermeisterInnen nach dem Meister-Schüler-Prinzip an die Auszubildenden weitergegeben. Pro Jahr erlernen ca. 15 Auszubildende, integriert in die täglich erforderlichen Arbeitsabläufe alle relevanten Fertigkeiten des Kirchenmalers und tragen so dazu bei, diese traditionellen Techniken zu erhalten und weiter zu entwickeln.

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